Im Zuge umfangreicher Planungen des WIS (Würth Industrie Service, am Standort Drillberg in Bad Mergentheim) wurden wir mit der Erstellung einer interaktiven 3D Echtzeit-Präsentation beauftragt. Vor dem Hintergrund eines bereits umfangreich ausgebauten Areals mit historischem Bestand (Kasernengebäude) und sukzessive ergänzten Logistikhallen, Bürogebäuden und Hochregallagern bestand der Wunsch, geplante Neubauten im vorhandenen Kontext frei navigierbar zu erleben. Da ein Teil dieser Aufgabe auch die Darstellung eines geplanten und vorher bereits in einem früheren Projekt visualisierten Auffüllungshügels war, wurde dieser bei Gelegenheit mit eingearbeitet. Die Neubauten sollten als Platzhalter erscheinen, da die endgültige Planung hierzu noch nicht abgeschlossen ist – die Kubatur und grobe Dimensionierung waren für den Kunden als Entscheidungs- und Besprechungsgrundlage ausreichend. Ebenso bedeutsam wie die Ausgestaltung des Drillbergs war die Darstellung des Umlands. Der Drillberg ist eine prominente, topografische Erhebung in direkter Nähe und Sichtbeziehung zur Stadt Bad Mergentheim. Um zukünftige Planungen auch aus dem Blickwinkel der Stadt heraus einschätzen zu können und gleichzeitig eine Kommunikationsplattform für Entscheidungsträger zu bieten, stellte eine vereinfachte Repräsentation von Bad Mergentheim einen weiteren, wesentlichen Teil der Aufgabe dar.
Wir begannen das Projekt in Teilaufgaben zu unterteilen, um unsere Kapazitäten effizient nutzen zu können:
Umsetzung des texturierten 3D Modells vom Umland (Bad Mergentheim zzgl. einiger Kilometer als Puffer)
Wir nutzten hierfür OSM-Daten zur Erstellung der Topografie und des Gebäudebestands (via Blender mit OSM-plugin). Theoretisch wäre eine Einbindung von genaueren 3D Landesdaten auf Geoinformationsebene denkbar gewesen, aus Zeit- und Organisationsgründen haben wir diesen Ansatz schnell verworfen. Eine technisch einfache und finanziell günstige Akquisition von 3D-Gelände und Gebäude-Daten war zum Projektzeitpunkt (2020/21) leider nicht gegeben. Einen dritten Weg hätte theoretisch die Extraktion von Google 3D-Daten geebnet, jedoch wären neben Urheberrechtsfragen zum genannten Zeitpunkt ohnehin keine Google 3D-Daten an dieser Stelle verfügbar gewesen.
Die letztlich verwendeten OSM Daten weisen eine geringe Genauigkeit auf, für unsere Zwecke waren sie jedoch ausreichend. Das Umland wurde in 3 Stufen generiert, mit jeweils reduzierten Auflösungstiefen in Textur und Geometrie zum Horizont hin, um die weiter entfernten und weniger wichtigen Umgebungsteile nicht unnötig starken Einfluss auf die Leistung der interaktiven Szene ausüben zu lassen. Im Bezug auf den Baumbestand entschlossen wir uns dazu, nur im unmittelbaren Umfeld des Planungsgebiets mit 3D-Bäumen zu arbeiten, da wir die Datenmenge in vernünftigen Dimensionen halten mussten.
Modellierung des Drillberg unter Verwendung einer Punktwolke
Die Modellierung und Texturierung des eigentlichen Geländemodells stellte die anspruchsvollste Aufgabe des Projekts für uns dar. Um die stark bewegte Topografie im Planungsgebiet möglichst genau darzustellen, erhielten wir entsprechende Datengrundlagen, die uns in Form von 3D-Höhenlinien zur Verfügung gestellt wurden. Wir erzeugten nach Säuberung und Entnahme störender Elemente aus den Höhenlinien über eine abstands-normalisierte Punktfunktion eine Punktwolke (in Rhino3D), die wiederum zu einem geschlossenen Netz neu-vermascht wurde. Hierfür waren einige Anläufe nötig, bis wir mit dem passendsten Algorithmus zufriedenstellende Ergebnisse erhielten (via Meshlab).
Da so gewonnene Netz wurde an seinen Rändern mit dem zuvor erstellten OSM Modell händisch versäubert und in einem längerfristigen Prozess um Straßen, Wege und Details erweitert. Zum Schluss wurden die im ersten Schritt gewonnenen Satellitentexturen für die verbleibenden Grünflächen wiederverwendet und möglichst exakt ausgerichtet (3DS MAX).
Modellierung und Texturierung der bestehenden Gebäude
Unser Auftraggeber hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt teilweise 3D Daten für die Bestandsbebauung und Neuplanungen anfertigen lassen. Leider lagen diese insbesondere im Fall des Bestands Großteils in einer Form vor, die uns eine Weiterverwendung genauso aufwändig gemacht hätte wie die Neuerstellung.
Wir haben uns daher im Kontext der Aufgabenstellung (interaktive Präsentation) für eine effiziente Neuerstellung der Gebäude nach dem Prinzip der Spieleindustrie entschieden: Der erste Schritt zur Bestandsentwicklung war ein ganzer Tag auf dem Gelände, bei dem wir alle Gebäude von allen Fassadenrichtungen fotografiert haben. Es entstanden hunderte Fotos von über 60 Gebäuden. Via box-modelling entstanden unter Referenz von Plänen, Fotos und alten 3D-Modellen die Außenhüllen der Gebäude, die später, nach der Texturierung mit den aus den zuvor erstellten, nachbearbeiteten Fotografien, mittels baking zu jeweils solitären 3D-Modellen mit PBR-shading wurden (eine angedeutete Fenster-Beleuchtung inklusive). Auch wenn letzteres nur wie eine Spielerei erscheint, so war der Zusatzaufwand an dieser Stelle vergleichsweise gering, bei gleichzeitig hohem Unterhaltungswert. Wir arbeiteten in diesem Schritt primär mit 3DS-MAX/Photoshop.
Zusammenführung der Szene inkl. Neuplanung und Aufschüttungshügel
An dieser Stelle beginnt Teil der Arbeit, den man als sehr produktiv wahrnimmt, da endlich die Dinge visuell zusammenfinden. Alle erzeugten Daten wurden sukzessive in unsere finale Anwendung (in diesem Fall: Twinmotion) importiert und mit den entsprechenden Materialien versehen. Grundeinstellungen, Kameraperspektiven, Licht etc. wurden eingerichtet. Der Aufschüttungshügel wurde re-importiert und musste teilweise ans Gelände angepasst werden.
Detaillierung und Dekoration der Szene, mit dem Fokus auf bestimmte Schwerpunkte
Der Abschluss der Arbeiten bestand aus der Ausgestaltung mit dekorativen Elementen, Bäumen, Straßenleuchten, Schildern. Dies wurde durch die auf dem Gelände entstandenen Fotografien möglich, da wir auf Basis besagter Fotos die Platzierung entsprechender Elemente herauslesen konnten. Wir haben zusätzlich noch einige Pfade mit fahrenden Autos gelegt, um die Situation etwas zu beleben. Nach einer kleinen Korrekturrunde mit dem Kunden bei der kleinere Anpassungen umgesetzt wurden, konnte die finale Szenerie übergeben werden und erfreut sich reger Nutzung.
Kunde: Würth Industrie Service GmbH & Co. KG | Bad Mergentheim
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